Seit 2008 steht am Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz ein ganz besonderer Maibaum: das „Rosa Stangerl“. Ursprünglich als Zeichen der Integration und Vielfalt im Szeneviertel gedacht, war es immer auch Symbol queerer Sichtbarkeit in München. Doch der Weg war nicht nur einfach und von Vandalismus und Rechtsstreitigkeiten gezeichnet. Heute feiert die LGBTQ-Community das Maibaumfest wieder mit Bier, Schmankerln, Drag-Performances und Musik.
Seit dem Mittelalter werden in Bayern Maibäume aufgestellt, um darauf hinzuweisen, dass die fruchtbare Zeit des Jahres begonnen hat. Alles innerhalb der sichtbaren Reichweite des Maibaums wächst und gedeiht und er verspricht Glück und Segen für Mensch, Vieh, Häuser und Felder. Daher wird er zentral am Dorfplatz aufgestellt, wo er bis weit in den Sommer hinein stehen bleibt. Je größer, desto besser.
Ein Maibaum für Integration und Vielfalt
Das Prinzip Sichtbarkeit ist in der LGBTQ-Community seit jeher ein Thema, mit dem sich auch der damalige Bezirksausschuss-Vorsitzende der Isarvorstadt, Alexander Miklósy, beschäftigt hatte. Er hatte die Idee, einen Maibaum zu errichten, der für die Integration und Vielfalt der Lebensstile im Szeneviertel stehen sollte. 2008 wurde diese am Karl-Heinirich-Ulrichs-Platz verwirklicht, der genau zehn Jahre zuvor als erster öffentliche Platz in München nach einem Homosexuellen benannt wurde.
Der erste "queere" Maibaum der Welt wird errichtet
"Der erste schwule Maibaum - weltweit", hies es es in der Berichterstattung. Doch die Initiatoren und auch das schwule Kommunikations- und Kulturzentrum Sub als einstiger Träger des Baumes, wollten es etwas weiter gefasst verstehen: Als "Integrations-Maibaum", sprich für das Zusammenleben der Menschen unabhängig von Hautfarbe, Religion, Einkommen und sexueller Orientierung. Dennoch galten die ersten Motive der Quersprossen am Baum den Schwulen und Lesben. Gestaltet von den Künstlern Robert C. Rore und Michael Borio stellten sie deutlich queere Motive dar, wie etwa sich küssende Männer, oder ein lesbisches Paar, stilecht in Trachten. In den kommenden Jahren haben dann andere Gruppierungen und Organisationen des Viertels die Gestaltung der Schilder übernommen, um so das Leben im Viertel schrittweise zu illustrieren. Der erste Maibaum wurde von der Deutschen Eiche gestiftet und hatte noch die traditionelle, geschnürte Bemalung in weiß-blau.
Vom Integrations-Maibaum zum Rosa Stangerl
Seitdem hat der Maibaum der heute unter dem Markennamen "Rosa Stangerl" bekannt ist eine bewegte Geschichte. Noch bevor er aufgestellt wurde, hat der Burscheinverein Ismaning das gute Stück aus der Werkstatt des Künstlers Robert C. Rore geklaut. Die Auslöse: Bier und Brotzeit für 40 Männer. Nur wenige Tag nach der Einweihung wurden die aufwändig gestalteten Schilder mit grauer Farbe beschmiert. Jahre später wurden einige sogar geklaut - mit samt dem Kranz um die Spitze. Und der Wechsel der Patenschaft für Baum und Maifest endete zuletzt im Rechtsstreit. Der Baum wurde in der Folge sogar kurzzeitig deinstalliert. Schließlich verpasste auch die Corona-Pandemie dem Tanz in den Mai um das "Rosa Stangerl" in den Jahren 2020 und 2021 eine Zwangspause.
Das Maibaumfest am Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz
Seit 2022 findet das Maibaumfest um das "Rosa Stangerl" wieder statt. Der Baum hält, was der Markenname verspricht und ist rosa angestrichen. Die Schilder wirken weniger inspiriert als die einstigen Künstler-Entwürfe, aber repräsentieren auch heute noch die Szene. Food-Trucks servieren Bier vom Fass, bayerische Schmankerl und auch süße Speisen. Außerdem gibt es verschiedene Aufführungen, Drag Queens und DJ Musik zu erleben.
Würdigung für Alexander Miklósy
Dem Initiator des queeren Maibaumes, Alexander Miklósy, wurde unweit des Karl-Heinrich-Urlichs-Platzes mittlerweile ein Weg gewidmet. Damit wird sein Wirken als rosa Stadtteil-Bürgermeister bleibend gewürdigt.
Rosa Stangerl | Maifest am 1.5.2025 | Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz