Zwischen Tonstudio und Lederbar: Als Freddie Mercury Münchner war

Zwischen Tonstudio und Lederbar: Als Freddie Mercury Münchner war

Von 1979 bis 1985 wählte Freddie Mercury München als Hauptwohnsitz, um in den Musicland Studios Alben aufzunehmen – und gleichzeitig, unbehelligt von der britischen Boulevardpresse, sein Privatleben in der Schwulenszene auszuleben. Zwischen Studiosessions, Drag-Partys und Lederbars entstand hier ein einzigartiges Kapitel seiner Biografie.

Studio statt Boulevard: Freddie in den Musicland Studios

Die Musicland Studios waren ein Tonstudio des sogenannten „Munich Sound“, das Anfang der 1970er-Jahre vom Musikproduzenten Giorgio Moroder gegründet und später von Produzent Reinhold Mack übernommen wurde. Das Studio befand sich im Untergeschoss des Arabella-Hochhauses (heute: Sheraton München Arabellapark Hotel). Hier nahmen weltbekannte Künstler*innen und Bands wie die Rolling Stones, Led Zeppelin und Donna Summer ihre Hit-Alben auf.

So auch Queen und Freddie Mercury: In München entstanden unter anderem Queens erfolgreichste Single „Another One Bites the Dust“ sowie Freddie Mercurys erstes Soloalbum „Mr. Bad Guy“, das im April 1985 erschien. Die Idee zu „Crazy Little Thing Called Love“ kam Mercury 1979 angeblich bei einem Schaumbad in der Präsidentensuite des Hotels „Hilton München Park“ am Englischen Garten – es wurde Queens erster Nummer-eins-Hit in den USA.

Luxusapartment und Liebe: Die Beziehung zu „Winnie“ Kirchberger

Mercury hatte zu dieser Zeit im Stollberg Plaza in der Stollbergstraße zwei Luxusapartments für sich und seine engste Entourage angemietet – nebeneinander, im fünften Stock, mit Sonnenterrasse zum ruhigen Innenhof. Er war mit dem Münchner Gastronom Winfried „Winnie“ Kirchberger liiert, der das Sebastianseck am Sebastiansplatz in der Altstadt führte. Die beiden verband eine intensive Lebenspartnerschaft – Mercury schenkte Kirchberger ein Auto und ein Appartement. Kirchberger starb 1993 an den Folgen von AIDS.

Skandalnudel & Seelenverwandte: Barbara Valentin an Mercurys Seite

1983 lernte Mercury die österreichische Schauspielerin Barbara Valentin kennen, in der Presse als „Skandalnudel“ und „Sexbombe“ betitelt. Sie spielte in mehreren Filmen von Rainer Werner Fassbinder mit. In den Liner Notes von Mr. Bad Guy dankte Mercury ihr augenzwinkernd „for big tits and misconduct“. Sie wirkte auch im Musikvideo zum Queen-Song „It’s a Hard Life“ mit. Mit Barbara teilte Freddie zeitweise eine Wohnung im Glockenbachviertel, später zog er in eine eigene Wohnung in der Isarvorstadt. Ein Streetart-Porträt auf einem historischen Pissoir am Holzplatz erinnert heute noch an diese Zeit.

Legendäre Nächte: Mercury in der Münchner Schwulenszene

Vor allem waren Freddie Mercury und Barbara Valentin gemeinsam in der Münchner Schwulenszene unterwegs. Mercury soll hier legendäre Exzesse gefeiert haben – begleitet von Barbara, die als eine der wenigen Frauen galt, die Zugang zu den Schwulenclubs der Stadt hatte. Darunter das Pimpernel, in den 1980ern ein angesagter Schwulen-Club, oder der Ochsengarten, die älteste Lederbar Deutschlands. Dort fand Mercury den Männertyp, auf den er stand: muskulös, mit Schnauzer, in Leder und Jeans gekleidet.

Auch interessant: Queere und LGBTQ-freundliche Bars in München

In der Deutschen Eiche nahm Freddie gerne sein Frühstück ein – nachmittags um drei, wie Wirt Dietmar Holzapfel erzählt. Am liebsten aß er Nudeln, in Knoblauchöl geschwenkt. Ein Foto im Restaurant zeigt Freddie Mercury mit Barbara Valentin und erinnert bis heute an den berühmten Gast. Seit 2024 ziert auch ein Mosaik mit dem Porträt des Sängers die Hotelfassade.

Die Mutter aller Partys: Freddies letzte große Feier in München

Als Abschiedsparty der Münchner Jahre gilt Mercurys legendäre Geburtstagsparty am 5. September 1985. Gefeiert wurde im Travestie-Club Old Mrs. Henderson (heute: Paradiso Tanzbar). Die Gäste wurden gebeten, in Schwarz-Weiß-Drag-Kostümen zu erscheinen. Mercury ließ auffahren: Kaviar, Champagner, Koks – die Rechnung des Abends belief sich auf über 80.000 D-Mark. Einen Eindruck vom wilden Treiben vermittelt das Musikvideo zu „Living on My Own“, das bei dieser Gelegenheit entstand. Die Party wurde später als „Mutter aller Partys“ bezeichnet – so exzessiv, dass die BBC das Video lange nicht zeigte.

Kurz nach der Party im Old Mrs. Henderson kehrte Freddie Mercury nach London zurück. Er machte dort noch einige Jahre mit Queen Furore, auch wenn bereits gemunkelt wurde, dass er krank sei. Mercury starb 1991 an den Folgen der Immunschwächekrankheit AIDS.

Auch interessant: AIDS Memorial am Sendlinger-Tor-Platz: Wider das Vergessen

Zurück zum Blog