Rudolph Moshammer war Münchens schillernde Kultfigur – exzentrisch, herzlich und bis heute unvergessen. Mit seiner Boutique „Carnaval de Venise“ prägte er die Maximilianstraße ebenso wie das Stadtbild selbst. Zwischen Glamour, Camp und sozialem Engagement blieb Mosi immer nah bei den Menschen – ein echtes Münchner Original, das bis heute fasziniert.
Wer in der Maximilianstraße flaniert, kommt an Glanz und Glamour kaum vorbei. Zwischen den Schaufenstern von Tom Ford, Dior und Versace glitzert heute Luxus auf Schritt und Tritt. 1968, als die Maximilianstraße ihren Ruf als luxuriöse Einkaufsmeile zu formen begann, eröffnete hier ein Mann seine Boutique, der diesen Glanz wie kein anderer verkörperte: Rudolph Moshammer.
Die Geburtsstunde des Mosi-Mythos
Sein Geschäft „Carnaval de Venise“ in der Maximilianstraße 14 zog schnell die High Society an – zu seinen Kund*innen zählten Arnold Schwarzenegger und Thomas Gottschalk. Doch Mosi, wie ihn die Münchner*innen liebevoll nannten, war mehr als ein Modemacher. Er war ein Paradiesvogel, ein Lebenskünstler, ein echtes Münchner Original.
Mosi überall – und immer mit Daisy
Man kannte ihn mit seiner kleinen Hundedame Daisy auf dem Arm, der perfekt frisierten Ludwig-II.-Perücke und einer unerschütterlichen Portion Charme. Moshammer war überall: in Talkshows, auf Society-Events, in Werbespots – sogar für McDonald’s. 1983 kaufte er das älteste Wirtshaus Münchens, das „Gasthaus zur Hundskugel“, und verwandelte es in eine Bühne seiner eigenen Legende. Er unterstützte die Münchner Straßenzeitung BISS, gründete die Stiftung „Licht für Obdachlose“ und half Menschen, die vom Leben weniger Glück bekommen hatten. Denn er wusste selbst, wie es ist, am Rand zu stehen: Als Kind floh er mit seiner Mutter vor dem gewalttätigen Vater und lebte bescheiden in Schwabing – bevor ihn sein späterer Erfolg nach Grünwald führte.
Der Mordfall, der München erschütterte
In der Nacht zum 14. Januar 2005 nahm das Leben des Modezars ein tragisches Ende. Moshammer lernte in der Nähe des Hauptbahnhofs einen jungen Mann kennen, dem er – wie schon zuvor anderen – Geld für sexuelle Dienstleistungen in Aussicht gestellt haben soll. Als es zum Streit kam, wurde Moshammer getötet. Sein Tod war ein Schock für die ganze Stadt – und zeigte auch, wie heuchlerisch die Münchner Gesellschaft sein konnte. Viele, die sich zu Lebzeiten gerne mit ihm zeigten, blieben seiner Beerdigung fern. Andere wiederum trauerten aufrichtig: die kleinen Leute, die Obdachlosen, die Außenseiter. Große Teile seines Vermögens vermachte er sozialen Projekten.
„Mosi – The Bavarian Dream“ im Residenztheater
Fast zwanzig Jahre nach seinem Tod kehrte Rudolph Moshammer 2024 auf die Bühne zurück – als Hauptfigur im Stück Mosi – The Bavarian Dream am Münchner Residenztheater. Autor und Regisseur Alexander Eisenach zeichnet darin ein doppelbödiges Porträt: eine Satire auf die verlogene Münchner Schickeria, die Mosi vordergründig feierte und hinter seinem Rücken belächelte. Gleichzeitig zeigt er einen Menschen, der sich nach Liebe, Anerkennung und Wärme sehnte – und sich selbst schließlich eingesteht: „Ich habe immer zu viel geliebt. Ich war immer zu viel. Zu laut, zu schrill, zu übertrieben, zu überhitzt, zu unnatürlich, zu barock, zu schwülstig.“
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Zwischen Camp und Herz: Ein Schaufenster in die queere Welt
Diese Worte könnten kaum treffender sein. Moshammer war ein lebendiges Kunstwerk – ein Symbol des Camp, jener queeren Ästhetik, die das Übertriebene feiert und die Tragödie in Schönheit verwandelt. Seine öffentliche Persona – Daisy, der Rolls Royce, die Samtmäntel, die aufgetürmte Haarsträhne – war mehr als Eitelkeit. Sie war ein Spiegel: für den bürgerlichen Mainstream, der fasziniert, aber auch verunsichert zusah. Mosi war ein Schaufenster in eine queere Welt, die vielen Münchner*innen damals noch fremd war.
Vermächtnis eines Originals
Rudolph Moshammer bleibt eine der schillerndsten Figuren der Münchner Stadtgeschichte. Ein Mann zwischen Kitsch und Klasse, zwischen Exzentrik und Empathie. Sein Leben war ein Spiel, ein Versuch, die Tristesse des Alltags zu überwinden – und sei es, wie Regisseur Eisenach schreibt, „unter Aufgabe dieses Lebens“.
Wenn du heute durch die Maximilianstraße gehst, findest du immer noch eine Marmorplatte an der Stelle wo früher seine Boutique war. Hier kannst du dir vorstellen, wie Mosi dort einst stand – Daisy im Arm, der Rolls Royce wartet mitten auf der Prachtstraße mit laufendem Motor. Ein Münchner, wie es ihn kein zweites Mal geben wird.
Queer Film Festival München in den Münchner Kammerspielen, Foto © Ronny Heine
Übrigens: Ein Spaziergang über die Maximilianstraße lohnt sich nicht nur für Modefans. Zwischen Luxusmarken und historischen Fassaden entdeckst du Spuren queerer Stadtgeschichte – von Mosis Boutique bis hin zum legendären Hotel Vier Jahreszeiten, wo schon König Ludwig II. logierte. Auch findet hier der Auftakt des Queer Film Festival München in den Kammerspielen statt. Wer danach Lust auf einen Drink hat, findet nur wenige Schritte entfernt in der Altstadt charmante Bars und Restaurants.