Streetart trifft Pride: Ein Space Invader für das Glockenbachviertel

Streetart trifft Pride: Ein Space Invader für das Glockenbachviertel

Was als experimentelles Kunstprojekt in Paris begann, eroberte schnell Städte weltweit – von New York über London und schließlich München. Anonym und oft illegal, tauchen die Mosaike über Nacht auf, verwandeln den urbanen Raum in eine offene Galerie und laden zum Entdecken ein. In München hinterließ der Künstler 18 Installationen. Besonders im Glockenbachviertel überrascht ein Space Invader auf einem Regenbogen-Mosaik – ein Hinweis auf Vielfalt, Toleranz und vielleicht sogar auf die spannende Geschichte der siebenstreifigen Regenbogenfahne von 1978.


1998 war der Auftakt eines groß angelegten Kunstprojektes - Codename: Space Invaders. In diesem Jahr befreite ein junger französischer Streetart Künstler die pixeligen Monster aus dem gleichnamigen Videospiel von ihren Fernsehbildschirmen und brachte sie in die physische Welt. Zunächst wollte der Künstler eine Reihe von Leinwänden erstellen, aber schnell fand er Fliesen als perfektes Material für seine tentakelartigen Installationen. Was in Paris begann, eroberte in den folgenden Jahren Städte auf der ganzen Welt. In sogenannten Invasionen tauchen die an 8-Bit-Computergrafiken erinnernden Mosaike über Nacht auf. Heimlich, anonym und illegal. Dennoch empfinden die meisten Städte - darunter New York, London und Berlin - die Streetart-Attacken des Franzosen mehr als Ritterschlag, weniger als Sachbeschädigung.

Eine Symbiose aus zeitgenössischer Kunst, Streetart und Spiel

Dem Künstler selbst ging es zunächst darum, Kunst von Entfremdung zu befreien, wie es etwa in Museen passieren kann. Bei Invaders Kunstprojekt wird der öffentliche Raum zur Ausstellungsfläche - Menschen werden überrascht und Kunst aus dem Kontext gerissen. Es entsteht eine Symbiose aus zeitgenössischer Kunst, Streetart und Spiel. Für letzteres gibt es mittlerweile sogar eine App (Flash Invaders) und es lassen sich mit dem Aufspüren der Installationen Punkte sammeln.

Auch interessant: Museen, Galerien und Archive für LGBTQ+ in München

Space Invader in München

Für München zum Beispiel insgesamt satte 710 Punkte. Hier schlug der Künstler 2023 mit 18 Objekten zu, die Bezug auf die kulturellen Eigenheiten der Bayerischen Landeshauptstadt nehmen. So finden wir jede Menge Bier und Brezen im typischen Pixelstil, neben den altbekannten Monstern, Figuren und Raumschiffen.

Doch auch auf die Umgebung innerhalb der Stadt wird Bezug genommen. Im Glockenbachviertel - dem Münchner LGBTQ+ Szeneviertel - reist daher eines der typischen Monster auf einem Regenbogen an. Die Regenbogenfahne steht für Vielfalt und Toleranz und gilt als wichtiges Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung. Nun hat Invader für diesen Regenbogen nicht die typischen sechs Farben der klassischen Fahne genutzt, sondern Sieben. Es lässt sich vermuten, dies sei auf die Anatomie des kleinen Monsters zurückzuführen, allerdings darf man auch die Frage stellen, ob er bei den bis ins Detail geplanten Illustrationen nicht auch auf eine andere Lösung hätte kommen können.

Die Regenbogen-Flagge mit sieben Streifen

Foto von Stavrialena Gontzou auf Unsplash

Es gab allerdings in den späten 70ern für kurze Zeit auch eine Regenbogenfarbe mit sieben Streifen. Dazu muss man wissen, dass das ursprüngliche Fahnendesign acht Streifen hatte, wobei jeder Farbe eine bestimmte Bedeutung zugewiesen war. Nach der Ermordung des schwulen Stadtrats Harvey Milk in San Francisco stieg die Nachfrage nach der Regenbogenfarbe enorm an. Da pinkfarbener Stoff schwer zu beziehen war, verzichteten die Hersteller kurzerhand auf den achten Streifen und stellten die Flagge mit sieben Streifen her. Das war im Jahr 1978 - dem Erscheinungsjahr des Shoot-'em-up-Computerspiels "Space Invaders". Schon im nächsten Jahr verschwand auch der siebte Streifen aus Gründen der Symmetrie, tatsächlich war diese Fahne also nur im Geburtsjahr des Videogames erhältlich.

Vielleicht ein Zufall, aber das Kunstwerk in der Münchner Thalkirchnerstraße hat den Farbcode der siebenstreifigen Flagge aus dem Jahr 1978. So oder so macht es die Stadt um ein originelles Regenbogensymbol reicher. Watch out wenn ihr das nächste mal im Glockenbach unterwegs seid, zum Beispiel auf dem Weg zum Pink Christmas auf dem Stephansplatz - denn die bunten Keramikfliesen befindet sich ganz in der Nähe.
Back to blog